Neue Norm. Sicher(ere) Arbeit?
- 06.04.2018
- Business Assurance
Aus OHSAS 18001 wurde am 12. März 2018 die ISO 45001:2018. Diese Norm beschreibt die Anforderungen an Arbeits- sowie Gesundheitsschutz-Managementsysteme und will dazu beitragen auftretende Risiken für Unternehmen, aber insbesondere für deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, zu minimieren und die Produktivität am Arbeitsplatz zu steigern.
Bedeutung von Norm und Zertifikaten
Am 5. April 2018 hat der TÜV AUSTRIA unter dem Titel „ISO 45001: Neue Norm. Sicher(ere) Arbeit?“ zu einem Business Breakfast mit Podiumsdiskussion in den TÜV AUSTRIA Campus geladen. Über die Vorteile der neuen Norm und die Bedeutung von Managementzertifizierungen diskutierten Stefanie Buchmann, Sicherheitsfachkraft bei Polymun Scientific Immunbiologische Forschung GmbH, Ernst Piller, stv. Leiter der Gruppe Zentral-Arbeitsinspektorat, Gabriele Poinsitt, Quality Managerin bei Borealis Polyolefine GmbH und Eugen Sadrić, Fachbereichsleiter Ausschreibungsmanagement in der Bundesbeschaffung GmbH (BBG). Die Moderation übernahm Alexander Ladich, Leiter des TÜV AUSTRIA Qualitäts- und Risikomanagements.
Für Gabriele Poinsitt verfügen Zertifizierungen, nicht nur im eigenen Unternehmen Borealis, über einen hohen Stellenwert. Die Norm sei dabei lediglich Basis, jedoch nicht der Gipfel, den es zu erreichen gelte. Und bloß ein Zertifikat an der Wand hängen zu haben, reiche auch bei weitem nicht aus. „Es gilt, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter abzuholen. Dazu ist es essenziell nötig, dass die Führung Managementsysteme durchgängig lebt. Ein integriertes Managementsystem wird durch die ISO 45001 mit High Level Structure entspannter.“ Das sei wesentlich mehr als technischen Schutz im Unternehmen zu gewährleisten. Zertifizierungen seien mittlerweile auch bei Zulieferern von großer Bedeutung. „Sie sind teilweise Grundlage dafür, dass man als Lieferant überhaupt in Betracht kommt.“
Bei Produktionsstandorten in mehreren Ländern seien Zertifikate zudem ein gutes Fundament, um gewisse Standards vergleichbar zu machen, dabei helfe die Matrix-Zertifizierung.
Aus der Praxis der Sicherheitsfachkraft sieht Stefanie Buchmann bei Normen gewisse Defizite. „Normen werden oftmals fernab der Praxis entwickelt, es können nicht alle relevanten Themen bzw. Zugänge der Praxis erfasst werden. Darunter leidet die praktische Umsetzung der Vorgaben.“
Buchmann hielte eine stärker praxisnahe Pilotierung und Aufnahme von Erkenntnissen in eine Norm als wünschenswert. Dies würde Unternehmen auch die praktische Umsetzung erleichtern.
Für Eugen Sadrić gilt es in der BBG Normen und Zertifikate begrifflich klar zu trennen. Normen setzen Standards, Zertifikate prüfen die Einhaltung von Standards. Daher liegt jedem Zertifikat eine Norm zugrunde. In Ausschreibungen kann sowohl bei der Beschreibung der Leistung, der Gestaltung des Vertrages als auch den Eignungs- und Zuschlagskriterien auf Normen und damit bewährte Standards zurückgegriffen werden. Soweit es sich um geeignete Leitlinien handelt müssen diese sogar herangezogen werden. Der Nachweis der Erfüllung dieser Anforderungen ist durch die Vorlage von Zertifikaten möglich. Allerdings ist es zulässig und notwendig, diese Standards auf die spezifischen Bedürfnisse der Nutzer abzustimmen.
Die Einhaltung solcher Standards sollte sowohl im Vergabeverfahren als auch während der Vertragsabwicklung geprüft werden. Im Rahmen der Vertragsabwicklung auditiert die BBG auch selber um sicherzustellen, dass die angebotene Leistung tatsächlich eingehalten wird. Kundenzufriedenheit und proaktives Qualitätsmanagement stehen dabei im Fokus.
Aus der Sicht des Arbeitsinspektors sei ein Zertifikat nicht von so großer Bedeutung, betont Ernst Piller. „Für die Behörde ist ausschlaggebend, ob das Ergebnis stimmt und Rechtsvorgaben entsprochen wird oder nicht.“ Dazu komme, dass es keine rechtlichen Verpflichtungen gäbe, ein Managementsystem aufzubauen. Gleichzeitig sieht Piller ganz klare Vorteile, die sich aus einem gelebten Managementsystem ergeben, etwa dokumentierte Weisungskompetenzen, Verantwortlichkeiten, Abläufe und vieles mehr.
Höchste Standards in chemischer Industrie
Auf die Frage, ob er aus seiner Tätigkeit heraus kulturell unterschiedlich gelebte Managementsysteme tatsächlich sichtbar würden, hebt Piller die chemische Industrie hervor. Es zeichne sich ab, dass sie tendenziell einen höheren Standard erreicht habe und andere Unternehmen nachziehen. „Zum Unterschied beispielsweise der Baubranche. Hier liegt die Unfallquote etwa 1,5 Mal so hoch wie in anderen industriellen Bereichen.“ Prozesse könnten hier, durch die Beteiligung extrem vieler Gewerke nur schwer implementiert werden. Eine Koordination gestalte sich zudem auch durch häufige Subunternehmerstrukturen schwierig. Generell betont der Arbeitsinspektor, dass planvolles Handeln zu einem besseren Ergebnis führe. Zertifizierungen können dazu beitragen, „Chaos zu sortieren“.
Zertifizierung fördert Vergleichbarkeit
Ein gut durchdachtes und sinnvoll eingeführtes Arbeitssicherheits- und Gesundheitsschutz-Managementsystem kommt dem wichtigsten Gut eines Unternehmens, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die maßgeblich die Qualität von Produkten oder Dienstleistungen prägen, entgegen. Denn nur gesunde und motivierte Mitarbeiter sind in der Lage das Beste für ein Unternehmen herauszuholen. Zudem fördert eine Zertifizierung die (internationale) Vergleichbarkeit.
Mit oder ohne Regularien einer Zertifizierung steht immer eines im Mittelpunkt: Die Sicherheit und Qualität für Mitarbeiter, Kunden und Partner.
Der TÜV AUSTRIA zertifiziert ab sofort nach ISO 45001 und sieht in einem gelebten Qualitäts-, Risiko- und Arbeitssicherheitsmanagement handfeste Wettbewerbsvorteile. Die Auditoren des TÜV AUSTRIA für Arbeitssicherheit sind allesamt ausgebildete Sicherheitsfachkräfte.
Save the Date: Der nächste zukunftsdialog zum Thema DSGVO: www.tuv.at/tuv-austria-zukunftsdialog/