Prüfung medizinischer Systeme: Vorgehensweise nach Reparaturen, Geräteaustausch oder Ergänzungen von Komponenten
Das technische Fachpersonal in Betrieben von Gesundheitseinrichtungen wird oft mit sogenannten „ME-Systemen“ (Medizinisch-Elektrische-Systeme) konfrontiert.
Ein Medizinisch-Elektrisches System ist eine Kombination von einzelnen Geräten, wie vom Hersteller festgelegt, von denen mindestens eines ein ME-Gerät sein muss, und die durch eine Funktionsverbindung oder durch den Gebrauch einer Mehrfachsteckdose zusammengeschlossen sind.
Diese ist z.B. in folgenden Normen definiert:
- ÖVE/ÖNORM EN 60601-1
- ÖVE/ÖNORM EN 62353
Bei notwendigen Reparaturen, Tausch bzw. Ergänzungen von Komponenten oder gar Neuzusammenstellungen von ME-Systemen stellt sich häufig die Frage nach dem richtigen Prüfverfahren bzw. den geeigneten normativen Regelungen. Für die Auswahl des richtigen Prüfverfahrens bzw. für die entsprechende Vorgehensweise muss unterschieden werden nach:
- Wiederkehrende Prüfung nach Reparatur bzw. Geräte wurden entfernt und durch identische oder systemkompatible Komponenten ersetzt
- Tausch oder Ergänzung von Komponenten ohne Patientenanwendungsteil (Drucker, Monitore, Videorecorder, etc.)
- Tausch (keine Ergänzung!) von Komponenten mit Patientenanwendungsteil (Kaltlichtquellen, HF-Chirurgiegerät, Kamerasteuerungen, etc.)
- Neuzusammenstellung einzelner Geräte zu einem ME-System
Als Prüfgrundlage ist das Medizinproduktegesetz (MPG) bzw. die Medizinproduktebetreiberverordnung (MPBV) heranzuziehen. Die normativen Regelungen bilden die Prüfnormen ÖVE/ ÖNORM EN 62353, die ÖVE/ÖNORM EN 60601-1 i.d.g.F. bzw. die Fachinformation des ÖEK – „Checkliste zur Änderung und Prüfung von ME-Systemen“.
Folgende Verhaltensweise ist bei der wiederkehrenden Prüfung nach einer Reparatur bzw. der Entfernung und Ersetzung durch identische oder systemkompatible Komponenten einzuhalten:
Die Person, die die Prüfung durchführt, muss die Übereinstimmung des geprüften ME-Systems mit den vorhandenen Unterlagen nachprüfen. Anmerkung: Die Dokumentation muss die notwendigen Angaben, die für den sicheren Betrieb des ME-Systems erforderlich sind enthalten (Fristen für Inspektion, notwendige Gebrauchseinschränkungen, Verbot von Kombinationen mit anderen Komponenten usw.) Wenn das wiederkehrend zu prüfende ME-System mit den Unterlagen übereinstimmt, kann das System nach der Norm ÖVE/ÖNORM EN 62353 geprüft werden. Es wird empfohlen, dass eine gut sichtbare Liste der Komponenten oder eine Referenzliste und ein entsprechender Warnhinweis, z. B. „SICHEREHEITSHINWEIS: geprüftes System! KEINE anderen Geräte mit diesem System verbinden!“ am ME-System angebracht wird.
Die Person, die die Prüfung an einem ME-System durchführt, muss die in den Begleitpapieren für jedes Gerät und für das ME-System enthaltenen Anweisungen des Herstellers einhalten. Innerhalb der Patientenumgebung muss ein ME-SYSTEM oder eine Systemkomponente die gleichen Grenzwerte der Ableitströme einhalten wie ein einzelnes ME-Gerät. Wenn Netzwerk-Trennvorrichtungen (Netzwerkisolatoren) bei der Zusammenstellung des ME-Systems verwendet werden, sollte das Vorhandensein dieser Trennvorrichtungen nachgeprüft werden.
Jedes einzelne Gerät eines ME-Systems, das ohne Zuhilfenahme eines Werkzeugs an das Versorgungsnetz angeschlossen bzw. von diesem getrennt werden kann, muss einzeln geprüft werden. Zusätzlich muss das ME-System als Gesamtheit geprüft werden. Die Qualität und Eignung einer verwendeten Mehrfachsteckdose muss im Zuge der Prüfung bewertet werden.
Wenn ein ME-System in getrennte ME-Systeme aufgeteilt wird, gilt
IEC 60601-1:2005 + IEC 60601-1:2005/A1:2012, Abschnitt 16. Es sei denn, die getrennten ME-Systeme wurden zuvor erfolgreich beurteilt.
Der Schutzleiterwiderstand jeder Systemkomponente sollte nach ÖVE/ ÖNORM EN 62353 Abschnitt: 5.3.2 gemessen werden. Leitfähige Verbindungen, die keine Schutzleiterfunktion haben, z. B. Datenleitungen, Rohre oder ähnliche Geräte, sollten während der Prüfung nicht angeschlossen sein.
Bei einem ME-System mit Mehrfachsteckdose darf der Gesamtwiderstand zwischen dem Schutzleiter des Netzsteckers der Mehrfachsteckdose und allen schutzleiterverbundenen, berührbaren, leitfähigen Teilen, die für den Anschluss an das ME-System vorgesehen sind, 500 mΩ nicht überschreiten (wenn Fehlerstromschutz oder andere Schutzmaßnahmen wie z. B. IT-System installiert sind).
Bei einem Tausch oder einer Ergänzung von Komponenten ohne Patientenanwendungsteil (Drucker, Monitore, Videorecorder, etc.) oder einem Tausch (keine Ergänzung!) von Komponenten mit Patientenanwendungsteil (Kaltlichtquellen, HF-Chirurgiegerät, Kamerasteuerungen, etc.) ist folgendermaßen vorzugehen: Die gegebenenfalls erforderlichen Maßnahmen, die sich aus der Änderung eines ME-Systems ergeben, können mit der Fachinformation „Checkliste zur Änderung und Prüfung von ME-Systemen“ des Österreichischen Elektrotechnischen Komitees – OEK abgehandelt werden.
Bei dieser Vorgehensweise werden folgende Punkte vorausgesetzt:
- dass für das bisher vorhandene ME-System ein Prüfprotokoll über die letzte Wiederholungsprüfung vorliegt und seither keine System-komponenten verändert wurden
- die Zweckbestimmung der geänderten Komponente eingehalten wird und
- die bestehende Systemdokumentation berücksichtigt wird.
Im Rahmen einer Neuzusammenstellung einzelner Geräte zu einem ME-System bzw. bei Nichtübereinstimmung des ME-SYSTEMS mit den Unterlagen oder fehlenden Unterlagen wird folgende Vorgehensweise empfohlen:
Hier ist eine Bewertung des ME-Systems nach IEC 60601-1:2005 + IEC 60601-1:2005/A1:20125), Abschnitt 16 erforderlich.